Grosses Evangelium Johannes Band 9, 23. Kapitel

[GEJ.09_023,01] (Der Herr:) „Wäre aber diese Welt nicht mit allen erdenkbaren Lustreizen versehen, sondern wäre sie nur das für den Menschen, was da ist eine Wüste für die wilden Tiere, so wären sein gottähnlicher freier Wille, seine Vernunft und sein Verstand ihm auch vergeblich gegeben; denn was sollte da seine Liebe erregen und diese nach der Erregung begehren und wollen, und was könnte da seine Vernunft läutern und seinen Verstand erwecken und beleben?

[GEJ.09_023,02] Das nahezu endlos viele und höchst Mannigfaltige, gut und schlecht, edel und unedel, ist also nur des Menschen wegen da, auf daß er alles sehe, erkenne, prüfe, erwähle und es zweckmäßig gebrauche; daraus kann er dann auch schon zu schließen anfangen, daß das alles ein höchst weiser, guter und allmächtiger Urheber also geschaffen und eingerichtet hat, Der, wenn der Mensch aus sich so zu urteilen beginnt, dann wahrlich niemals säumt, Sich dem denkenden Menschen näher zu offenbaren, wie das noch zu allen Zeiten der Menschen unbestreitbar der Fall war.

[GEJ.09_023,03] Aber natürlich, wenn die Menschen sich zu sehr in die bloßen Lustreize der Welt verrennen und verstricken und nur denken, daß sie bloß darum da sind, um sich als vernünftige und denkende Wesen von der mit allem reichst ausgestatteten Welt auch alle erdenklichen Wohlgenüsse zu bereiten und des eigentlichen Zweckes gar nicht gewahr werden, warum sie in die Welt gesetzt worden sind, und wer sie in die Welt gesetzt hat, da kann von einer eigentlichen und höheren Offenbarung Gottes und Seines Liebewillens so lange keine Rede sein, als bis die Menschen durch allerlei Not und Elend wenigstens so weit zu denken anfangen, daß sie fragen und sagen: ,Warum mußten denn wir in diese elende Welt kommen, und warum müssen wir uns denn so plagen und martern lassen bis in den sichern Tod als dem elenden Schlußpunkte unserer Verzweiflung?‘, – wie auch du, Nojed, ehedem auf eine ganz ähnliche Weise weltweise gefaselt hast.

[GEJ.09_023,04] Dann ist auch die Zeit da, in welcher Sich Gott den Menschen wieder von neuem zu offenbaren beginnt durch den Mund geweckter Menschen zuerst, durch andere Zeichen und auch durch allerlei Gericht an jenen Menschen, die durch allerlei Lug und Trug und Bedrückung der armen und schwachen Menschen reich und mächtig, stolz und lieblos und voll Übermutes geworden sind und bei sich an keinen Gott mehr denken und noch weniger im Herzen glauben, sondern sich nur in alle Lustbarkeiten der Welt stürzen und die armen Menschen mit Füßen treten und ihnen gar nicht mehr den Wert eines Menschen, sondern kaum den eines gemeinen Tieres erteilen.

[GEJ.09_023,05] Wenn das einmal auf der Welt unter den Menschen das gewisse Übermaß erreicht hat, dann kommt auch ein großes Gericht und mit demselben auch eine große und unmittelbare Offenbarung Gottes an die Menschen, die noch einen Glauben an Gott und also auch eine Liebe zu Ihm und zum Nächsten in ihrem Herzen bewahrt haben.

[GEJ.09_023,06] Da werden die Gottesleugner und stolzen Betrüger und Bedrücker von dem Erdboden hinweggefegt und die Gläubigen und Armen aufgerichtet und aus den Himmeln erleuchtet werden, wie das nun soeben der Fall ist und später, nach nahe 2000 Jahren, auch wieder einmal der Fall werden wird. Die Zeit aber, in der so etwas vor sich gehen kann und sicher wird, ist ebenso leicht zu erkennen, wie ihr im Spätwinter aus dem das herannahende Frühjahr leicht erkennet, so ihr die Bäume betrachtet, wie ihre Knospen stets angeschwollener und saftiger werden und von ihren Ästen und Zweigen der Saft gleich den Tränen der Menschen auf die Erde herabträuft und diese gewisserart um die Erlösung von der Not des Winters, in der so viele Bäume schmachteten, anfleht.

[GEJ.09_023,07] Wenn alsonach einmal die armen Menschen auch anfangen, in ihrem Herzen vom Lichte der Wahrheit aus Gott heller und angeschwollener zu werden und dabei aber durch die unbarmherzige und maßlose Bedrückung den Erdboden mit ihren Tränen sehr zu befeuchten anfangen, dann ist das große geistige Frühjahr in die volle Nähe gekommen.

[GEJ.09_023,08] Wenn ihr drei und auch ihr, Meine schon älteren Freunde, das so recht betrachtet, so werdet ihr es bald und leicht herausbekommen, um welche Zeit es nun ist, und was Ich so ganz eigentlich für ein Landsmann bin.“

 

Jakob Lorber